Mittwoch, 1. August 2012

Log 5: Meet the Hammerheads!

Hammerhai im Blauwasser                                        Foto: Schwebeteilchen

Über meine erste Begegnung mit Hammerhaien im Roten Meer.

Unter mir gleitet ein silberner Schatten entlang. Ich lasse mich fallen. Das Blau um mich herum nimmt zu. Plötzlich schwebe ich mittendrin. „Hammerhaie!“, will ich durch mein Mundstück hindurch schreien. Jubeln, die Arme hoch reißen, mich freuen. Doch ich bleibe stumm. Jede Bewegung kann jetzt zu viel sein.

Der Schweiß läuft mir über die Stirn. Es ist früher Nachmittag, Ende Juni, der Himmel ist Blau. Wir stehen in voller Montur auf der Plattform des Tauchbootes Eagle Ray: im langen Neoprenanzug, die Flossen über die Füßlinge gezogen. Das Tarierjacket um den Oberkörper geschnallt, halb voll gefüllt mit Luft, daran auf dem Rücken die Pressluftflasche. Das Blei am Gürtel um die Taille drückt. Die Maske klebt auf dem Gesicht, das Mundstück des Atemreglers klemmt zwischen den Zähnen. Der Tauchcomputer ist wie eine Uhr um das linke Handgelenk gebunden.

Der Motor der Eagle Ray tuckert, der dunkle Rauch steigt aus dem Auspuff neben uns auf. Schnell ziehen wir am Riff vorbei. Die Wellen glitzern in der Sonne. Hinter dem alten Leuchtturm werden wir springen. Genau an der Ecke. Genau an dem Punkt, an dem sich drei Strömungen treffen. An dieser Stelle läuft das Riff unter der Oberfläche wie eine Wand in die Tiefe. Hier kreuzen sich zwei Oberflächenströmungen. Und kühles nahrhaftes Wasser strömt aus der Tiefe zur Oberfläche herauf. Dieses nahrreiche Wasser lockt viele kleine Fische an, die wiederum die großen anziehen.

Es ist still. Um mich herum endloses Blau: Über, unter, vor und hinter mir, nichts als blaues Wasser. Darin die silbernen Schatten, denen wir langsam folgen.  Ich fühle mich frei. Schwebe durch das Wasser, von der schweren Ausrüstung ist nichts mehr zu spüren. Eins, zwei, drei… Nein, es sind mindestens fünf Hammerhaie,  die vor uns durch das Wasser ziehen. Anmutig schlagen sie ihre Schwanzflossen von rechts nach links und gleiten sanft, aber kraftvoll voran. Ihr breiter flacher Kopf schwingt elegant hin und her - und sieht dabei aus wie ein großes T. Warum der Kopf der Hammerhaie so geformt ist, darüber sind sich Meeresbiologen nicht einig. Sie vermuten, dass der Kopf wie ein Ruder arbeitet, das den Hai wie ein Flugzeug in engen Kurven wendiger macht. An diesem Ruder sitzen rechts und links die Augen. Damit hat der Hai den Rundum-Überblick.

Doch bevor sie uns mit ihren Augen gesehen haben, haben sie uns schon lange wahrgenommen. Sie haben unseren Herzschlag gespürt, uns als ein elektrisches Feld wahrgenommen und uns gerochen. Neun Arten der Hammerhaie haben Wissenschaftler gezählt. Und nur vom Großen Hammerhai wird berichtet, er habe einmal einen Schwimmer angegriffen. Angst habe ich deshalb nicht.

Unsere Hammerhaie sind scheu. Sie lassen sich nur selten blicken. Heute dürfen wir sie sehen. Wir dürfen ein Stück mit ihnen ziehen, weil sie es zulassen. Wir sind ihnen nicht geheuer. Langsam schlagen wir deshalb mit unseren Flossen, atmen ruhig und gleichmäßig. Fast tausend Tauchgänge lang habe ich auf diesen Moment gewartet. Jetzt sauge ich jedes Bild in mich ein: ihre langen gebogenen Flossen,  ihren großen kräftigen Kopf, ihre eleganten Bewegungen, mit denen sie durchs Wasser gleiten. Das Glänzen ihrer grauen Körper im Wasser. Einfach perfekt, um hier unten zu überleben, denke ich.
Hammerhaie schwimmen hinaus ins Blaue   Foto: STeilchen

Kraftvoll ziehen die Haie hinaus, immer weiter ins tiefe Wasser. Ich möchte ihnen folgen. Doch mein Computer hält dagegen. Er piept und will mich nicht tiefer und länger nach unten gehen lassen. Was würde ich dafür geben, einmal mit diesen Wesen mitzureisen. Zu sehen, wie sie leben, wie sie sind. Doch ich weiß: Das muss ein Traum bleiben. Als Mensch bin ich nur zu Gast in dieser Welt. Und meine Zeit hier unten ist begrenzt.

Langsam verschwinden die Hammerhaie im Blau, werden eins mit dem Wasser um sie herum. Wir bleiben in der Leere zurück, kehren um und schwimmen zum Riff. Unsere Flaschen auf dem Rücken sind leicht, die Luft geht zu Ende. Beim Sicherheitsstopp im flachen Wasser liegen wir uns in den Armen und grinsen uns an. Danach tauchen wir auf. Ich blase mein Jacket mit dem Inflator auf, nehme den Atemregler aus dem Mund und kann endlich schreien: „Hammerhaie!“

Zur Info:

Durch die Überfischung der Meere gibt es auch immer wenige Hammerhaie.

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