Mittwoch, 5. September 2012

Log 8: Die Sprache der Manta Rochen

Ein Manta Rochen kreist über uns                Foto: STeilchen

Können Manta Rochen mit Menschen kommunizieren? Das verrate ich Euch hier.

5 Prozent – so wenig wissen Meeresbiologen bis heute über die Tiere der Unterwasserwelt. Die meisten der Arten, die in den Meeren leben, sind bis heute nicht bekannt. Selbst mit dem Weltall kennen sich Wissenschaftler heute besser aus als mit den Lebewesen im Meer. Das Traurige: Noch bevor Forscher die restlichen 95 Prozent der Arten kennen werden, sind viele davon bereits ausgestorben.

Zu den bedrohten Arten gehören die Manta Rochen. Der Grund: Die Rochen verenden als Beifang in den Fischernetzen. In Asien werden die Tiere zudem von Fischern gezielt gefangen. Die Fischer verkaufen die Haut der Rochen an Händler, die daraus Schuhe und Gürtel fertigen. Außerdem landet das Rochen-Fleisch immer öfter auch auf den Tellern asiatischer Restaurants – als Ersatz für Haifischflossen.

Nur wenige Meeresbiologen erforschen die großen Rochen, auch Teufelsrochen genannt. Eine von ihnen ist die Biologin Andrea Marshall. Sie hat herausgefunden, dass sich Manta Rochen ausführlich und gerne unterhalten. Laut Marshall reden sie mittels Geräuschen, die sie mit ihren Flossen erzeugen. Zum Beispiel schlagen sie mit ihren Flossen auf das Wasser oder sie brechen mit ihnen die Strömung. Wenn sie sich begegnen, berichtet Marshall, wedeln sie auch mit ihren Kopfflossen. Die Wissenschaftlerin ist überzeugt, dass Manta Rochen intelligent sind. Marshall bezeichnet sie auch als die „Schimpansen der Meere“, weil ihre Gehirne so groß wie Apfelsinen sind. Mehr darüber erzählt Andrea Marshall in einem Interview in der Online-Ausgabe der Tageszeitung Die Welt: Interview über die Begegnung mit Manta Rochen

Und hier beginnt meine Manta-Geschichte

Februar 2010, Indischer Ozean, Andaman See. Wir sind unterwegs mit dem Safariboot Pawara, immer Richtung Norden. Mit an Bord: die Tauchguides Tommy, Ric, Laem (und ich). Außerdem: etwa 20 Taucher, ausgerüstet mit Unterwasser-Kameras, und natürliche die thailändische Bootscrew. Unser Ziel: Die Manta-Show. Sie beginnt jedes Jahr im Februar vor einer kleinen Insel mit dem Namen „Koh Bon“.

Koh Bon ist die nördlichste Insel des Similan Nationalparks. Die Insel besteht aus Kalkstein, ist bewachsen mit Bäumen und Büschen. Einen lebendigen Dschungel gibt es nicht nur an Land. Auch unter Wasser tummelt sich das Leben. Vor Koh Bon liegt einer der begehrtesten Tauchplätze der Similan Inseln. Sein Name ist „The Ridge“, die Rutsche. Die Rutsche verläuft von der westlichen Spitze der Insel ins Wasser hinunter bis in 40 Meter Tiefe. Dort endet sie auf dem sandigem Meeresgrund. Die Kante der Rutsche ist oft starken Strömungen ausgesetzt. „Hier fegt es“, sagen die Taucher dazu. Doch das Gute: Die Rutsche ist nicht nur bewachsen mit bunten Korallen. Sie ist auch Treffpunkt für die Manta Rochen in der Region.

Tauchkarte "The Ridge" by Tommy          Foto: STeilchen
 Die Rochen zieht es ab dieser Zeit förmlich an diesen Platz. Die Strömung bringt ihnen viel Plankton mit. Das ist ihre Lieblingsspeise. Mit geöffnetem Maul kreisen sie durchs Wasser und filtern das Plankton heraus. Gleichzeitig nutzen sie die Gelegenheit, um sich von kleinen Fischen, den sogenannten Putzerfischen, putzen zu lassen. Das heißt: Diese Fische fressen abgestorbene Hautschuppen der Rochen ab und pflegen sie auf diese Weise. Koh Bon, The Ridge, wird deshalb auch Putzerstation (Cleaner Station) genannt.

Auf dem Weg nach Koh Bon sehen wir Delfine. Rund 20 Tiere, ein kleine Schule, begleiten uns ein Stück, schwimmen vor der Spitze unseres Bootes voran. „Das ist ein gutes Zeichen“, meint Tommy. „Delfine bringen Glück“, sagt er. Unsere Chancen auf Manta Rochen steigen. Gegen 14 Uhr erreichen wir die Insel. Doch wir sind nicht allein. Fünf andere Boote waren schneller, sind schon vor uns da. Jedes der Boote bringt 20 bis 30 Taucher mit sich. Viel Betrieb unter Wasser. Also doch keine Mantas heute? Wir geben die Hoffnung nicht auf, stehen an der Reling und beobachten die Boote vor der Insel. Und dann passiert es: Direkt vor uns, neben unserem Boot, fliegt ein großer Manta Rochen aus dem Wasser, lässt sich fallen, und verschwindet mit einem lauten Klatschen wieder im Meer. Ein Zeichen!?

Schnell bereiten wir unsere Taucher auf den Tauchgang vor. Wir geben ihnen das kürzeste Briefing aller Zeiten: Alles was sie von uns erhalten ist ein großer gemalter Manta Rochen auf einer Tafel. Wir wissen: Sie kennen die Verhaltensregeln bereits: 1. Kein Taucher jagd Mantas. Fühlen sich die Tiere verfolgt, suchen sie das Weite. 2. Kein Taucher schwimmt unterhalb der Rochen. Die Blasen unserer Ausatemluft vertreiben die Tiere. 3. Tiefe halten, nicht auf und ab wie ein Jojo tauchen. Den Tauchstil der Mantas vertragen wir Menschen nicht. 4. Niemand berührt die Tiere. "You touch, you die", warnt Tauchlehrer Tommy.

Danach rödeln wir unser Equipment an, testen ob alles funktioniert und springen ins Wasser. Direkt über der Ridge tauchen wir ab. Unter uns sehen wir das Riff. Und darüber: schwebt ein Manta. Langsam schwimmen wir auf ihn zu.

Junior Manta Rochen an der Ridge vor Koh Bon                   Foto: STeilchen
Es ist ein kleiner Manta. Er zieht langsam über das Riff. Über einem großen runden Korallenblock bleibt er stehen, lässt sich putzen von den kleinen Fischen. Mit ihren Mäulern zupfen sie kleine Schuppen von seiner glatten Haut ab. Wir schauen ihm zu, bewegen uns langsam und ruhig. Dann dreht sich der kleine Manta und schwimmt in einem Bogen auf uns zu. Mit seinen Flossen schlägt er wie mit Flügeln auf und ab – und fliegt langsam an uns vorbei. Doch wir schwimmen ihm nicht hinterher. Wir wissen: Filtert der Manta das Plankton mit seinem geöffneten Maul aus dem Wasser, dann kreist er. Das bedeutet: Er wird wiederkommen, zu uns zurück.

Und genau das passiert. Der Manta dreht – und wir drehen uns mit. Jetzt schwimmen wir nebeneinander her: Der junge Rochen und wir. Wir wollen ihn zu uns locken. Tommy hat eine Idee. Langsam hebt und senkt er seine ausgestreckten Arme, und imitiert die Bewegungen des Rochens. Und tatsächlich: Die Neugierde des Rochens ist geweckt. Jetzt schwimmt er direkt auf uns zu. Direkt über uns bleibt er stehen, streckt seine Flossen wie zur Begrüßung aus und präsentiert uns seinen weißen Bauch. Mit einer spielerischen Bewegung dreht er sich nach oben und schießt Richtung Oberfläche. Was Tommy ihm mit seinen "Flossenschlägen" wohl erzählt hat?

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